Geschichte erleben, Gegenwart genießen
Friedrichroda entwickelte sich vom Klosterdorf zum angesehenen Kur- und Erholungsort. Der Stadtteil Reinhardsbrunn gilt als „Wiege des mittelalterlichen Thüringens“. Auch die Spuren von Geologie und Bergbau sind allgegenwärtig.
Zentraler Ausgangspunkt war der Bau der Schauenburg im 11. Jahrhundert von „Ludwig mit dem Barte“. Einer seiner Gefolgsleute, Friedrich, bekam den Auftrag, den Wald zu roden und eine Siedlung zu gründen, daraufhin „Friedrichsrot“ bezeichnet. Die Burg war anfänglich Mittelpunkt gräflichen Besitzes und zahlreicher Festlichkeiten. Der Sohn Ludwigs des Bärtigen, genannt Ludwig der Springer, begann aber 1067 mit dem Bau der Wartburg, auf die er dann übersiedelte. Hier erzählt die Sage, Ludwig der Springer habe in Körben Erde von der Schauenburg auf den Warteberg tragen lassen, um zu beschwören, dass er auf eigenem Boden baue.
Chroniken berichten, dass Ludwig der Springer, der Erbauer der Wartburg, das Benedektinerkloster Reinhardsbrunn 1085 als Hauskloster der Thüringer Landgrafen stiftete. 10 Mönche aus dem Reformkloster Hirsau im Schwarzwald vollzogen den geistlichen Neuaufbruch im Thüringer Land. In der Folge stand Reinhardsbrunn neben dem Peterskloster in Erfurt an der Spitze der mehr als 250 Thüringer Klöster. Ludwig der IV. wurde im Beisein seiner Ehefrau Elisabeth von Thüringen 1228 in Reinhardsbrunn beigesetzt. Nach der Reinhardsbrunner Chronik ereigneten sich an seinem Grab zahlreiche Wunder, was die Wallfahrttradition begründete, an die heute bewusst angeknüpft werden soll.
"Gottlob, nun bist du mein..."
Einst veranstaltete Ludwig der Bärtige auf der Schauenburg bei Friedrichroda ein großes Fest, zu dem alle Adligen Thüringens mit ihren Familien geladen waren. Es wurde jedoch nicht nur gefeiert, sondern es maßen sich auch die anwesenden Ritter und deren Knappen in Zweikämpfen. Dabei tat sich besonders ein Knappe Ludwigs des Bärtigen hervor, der ob seiner gewaltigen Kräfte und seiner Schönheit die Bewunderung der Edelfrauen erlangte. Doch war der Knappe, ein einfacher Bauernbursche, bereits einem der Edelfräulein in herzlicher Liebe zugetan. Allein, er hatte schon mehrmals vergeblich bei ihrem Vater um ihre Hand angehalten. Stets war sein Antrag mit dem Hinweis auf seine niedere Herkunft abgeschlagen worden.
Als nun der junge Bursche nach den siegreich bestandenen Zweikämpfen nochmals um die Hand der Schönen bat, erwiderte deren Vater: „Wärest du ein Ritter und vermögest du meine Tochter ohne abzusetzen auf deinen Armen jenen hohen Berg gegenüber hinaufzutragen, dann würde ich sie dir zur Frau geben!“ Der Knappe warf sich sogleich seinem Herrn, Graf Ludwig dem Bärtigen, zu Füßen und bat, zum Ritter geschlagen zu werden.
Nachdenklich strich sich Ludwig seinen Bart und sprach: „So sei es denn. Du hast bewiesen, dass du würdig bist, ein Ritter zu sein!“ Damit hieß er seinen Knappen niederknien und schlug ihn mit dem Schwert dreimal auf die Schultern. Nun war der Bursche ein Ritter und machte sich sogleich daran, seine Braut durch die geforderte Kraftprobe zu erringen. Alle Gäste zogen von der Schauenburg hinunter ins Tal, um zu sehen, wie der Bursche das Edelfräulein den gegenüberliegenden hohen Berg hinauftrage. Beherzt nahm der Ritter seine Braut auf die Arme und lief sogleich in schnellem Lauf den steilen Weg hinan, verfolgt von den Augen der atemlos gespannten Zuschauer im Tal. Und wirklich, er schaffte es bis zum Bergesgipfel, wo er glücklich ausrief: „Gott lob, nun bist du mein!“ Doch kaum hatte er dies ausgesprochen, als er tot zu Boden schlug, da die übermenschliche Anstrengung zu groß gewesen war. Trauernd wurde der Tote zurück zur Schauenburg getragen. Die Braut zog sich in ein Kloster zurück, wo sie bald darauf vor Gram starb. Zum Gedenken an seinen tapferen jungen Ritter aber nannte Ludwig der Bärtige jenen Berg, auf dem ihn der jähe Tod ereilt hatte, den Gottlob.
Der Abt von Reinhardsbrunn wollte Friedrichroda einen Markt verschaffen, um die Einnahmen des Klosters zu mehren. Daraufhin protestierten die Städte Waltershausen und Gotha gewaltig, weil sie die Konkurrenz befürchteten. Sie wandten sich an den Landgrafen Hermann I., der daraufhin beschloss, den sich in Friedrichroda entwickelnden Markt zu zerstören. Der Verzicht auf den Markt und die Zahlung von 40 Pfund Silber retteten den Ort.
Im 13. Jahrhundert galt die Benediktinerabtei Reinhardsbrunn als eines der reichsten Klöster. Die Ludowinger erkoren es als Begräbnisstätte aus, die Grabsteine liegen heute in der Eisenacher Georgenkirche. Ende des 13. Jahrhunderts legte der fränkische Raubritter Ludwig im Kloster einen Brand, der große Zerstörungen anrichtete. Es soll Rache gewesen sein, weil ein Abt seinen Bruder in Friedrichroda wegen Räubereien hatte hinrichten lassen. So geriet das Kloster in große Geldnot und erreichte auch nie wieder vergangene Blüte und Macht. 1595 erhielt Friedrichroda das Marktrecht. Zwei Jahre später kam das Stadtrecht dazu.
Landwirtschaft, Bleicherei und Zwirnhandel sowie der Bergbau waren in dieser Zeit die Haupterwerbsquellen. Rund um Friedrichroda rauchten die Holzkohlenmeiler, etwas Ackerbau und Viehzucht wurden betrieben – ein stiller, abgeschiedener Waldwinkel.
Ganz in der Nähe übersetzte Luther auf der Wartburg 1521/22 das Neue Testament ins Deutsche und leitete damit die Reformation ein, mit dem deutschen Bauernkrieg erreichte diese ihren Höhepunkt.
In Friedrichroda und Umgebung griffen Bauern und Bürger zur Waffe und zogen gegen das Kloster Reinhardsbrunn. Sie stürmten es und zündeten es an. Das Benediktinerkloster wurde 1525 zerstört, daraufhin aufgelöst. Die Güter und Besitzungen zog der Landesherr ein und bildete später ein „Amt Reinhardsbrunn“. 1572 fiel es an Sachsen-Weimar und 1640 an Herzog Ernst von Gotha. 1748-1749 wurde es dem Amt Tenneberg zugeordnet. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde ein Amtshaus auf den Trümmern errichtet, wenig später das Hohe Haus und die Kirche. Auf den Grundmauern des Hohen Hauses erhebt sich seit 1828 das heutige, unter Herzog Ernst I. von Coburg und Gotha gebaute Schloss. Umgeben von herrlichen Parkanlagen wurde es zum Jagd- und Lustschloss des Fürsten.
1837 kam der Gothaer Buchhändler Friedrich Christoph Perthes nach Friedrichroda, um sich von den Folgen einer schweren Krankheit zu erholen. Von hier aus schriebe er einem Freund: „Sie kennen Friedrichroda, und ich habe nicht nötig, Ihnen die Herrlichkeit der Lage zu beschreiben. Alles begünstigt uns – der Himmel ist blau, die Wälder dunkel, die Wiesen grün.“ Von nun an kam der weitgereiste Mann regelmäßig hierher, brachte Verwandte und Freunde mit. Er empfahl das Waldidyll mit seinem heilenden Klima weiter.
1841 wurde er Ehrenbürger von Friedrichroda. Immer mehr Kurgäste und Sommerfrischler kamen jetzt hierher. Zum eigentlichen Ruf eines heilklimatischen Kurortes kam Friedrichroda erst, als sich Dr. Ferdinand Keil 1844 niederließ und andere Mediziner aufmerksam machte. Bis nach Finsterbergen, Tambach, Ernstroda und Schönau besuchte er seine Patienten. Keil gründete einen Verschönerungsverein und bald entstand daraus das Badekomitee. In dieser Zeit veränderte Friedrichroda gründlich sein Gesicht – Hotels und Pensionshäuser entstanden, die Zahl der Gäste stieg an.
1889 besuchten schätzungsweise 8000 Gäste jährlich Friedrichroda.
1903 waren es 12.000 Kurgäste.
Vor dem ersten Weltkrieg erreichte die Zahl der Kurgäste fast 15.000 im Jahr.
Erst gegen Ende der 20er Jahre lief der Erholungsbetrieb wieder auf vollen Touren. Die 30er Jahre brachten den erneuten Aufschwung für Friedrichroda. Danach erlag der Kurbetrieb den Wirren des 2. Weltkrieges. Nach dessen Ende wurde Friedrichroda zum zweitgrößten Erholungsort der DDR (nach dem Ostseebad Kühlungsborn) ausgebaut. Leider ging dieser Massentourismus zu Lasten des traditionellen Kurwesens. Im Jahr 1989 wurde eine Zahl von ca. 90.000 Gästen erreicht, dies entsprach etwa einer Million Übernachtungen.
Der 30jährige Krieg unterbrach die relativ günstige wirtschaftliche Entwicklung Friedrichrodas. Raub, Brände und Seuchen forderten unzählige Opfer. Die Stadt hatte damals schon die heutige Grundform, die Hauptstraße parallel zum Schilfwasser. Der ganze Ort war mit einer Hecke umgeben, die Häuser bestanden aus Holzfachwerk und waren wegen des rauhen Klimas mit Brettern verschlagen. Das Garnbleichen war schon recht früh ein Erwerbszweig in Friedrichroda. Hierfür gab es beste Voraussetzungen - ein klarer Bach, viel Rasen, Brennholz für die Kessel und ein ständiger Luftzug. Der Kalte Markt erinnert noch eindeutig an dieses alte Gewerbe. Zwei Drittel der Einwohner lebten damals davon. Doch dann verdrängte die Baumwolle aus England das Leinen vom Markt. Außer diesem Erwerbszweig spielte auch der Bergbau eine Rolle, dessen Zeugnisse heute in der Heimatstube zu sehen sind. Rot- und Brauneisenerz, Brauneisenstein und andere Erze wurden geschürft. Die Bergmänner sammelten sich vor der Schicht und sangen ihr Morgenlied, das im Tal zu hören war. Die Paradeuniform des Bergmanns war sehr schmuck - eine schwarz-rot paspelierte Bluse aus Wollstoff mit rotem Kragen, Brustrabatten, Aufschläge mit Glanzknöpfen, Ledergurt, Filz-Tschako mit Schwanenfederbusch. Die herzogliche Regierung stellte den Bergbau jedoch 1855 wegen Unrentabilität ein. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Gips gefördert, was die Marienglashöhle noch heute bekundet
Die Chronik dieser Zeit verweist auf eine Familie, die den Ruf Friedrichrodas über die Stadtgrenzen hinaustrug: Christian Friedrich Ludwig Buschmann erfand 1821 die Mund- und 1822 Handharmonika. Schon sein Vater wurde 1817 von Carl Maria von Weber gewürdigt.